Sonntag, 2. Februar 2014

Die Champagne, der Champagner und die Deutschen

Champagner...? Französischer geht es eigentlich nicht. Aus diesem Grund hab ich mich immer gefragt, warum so viele gute Champagnerhäuser einen eher nicht so französisch klingenden Namen besitzen, sondern einen deutschen. Denn eines ist ja bekannt: Wenn die Franzosen Champagner trinken, trinken die Deutschen Sekt. Nun hab ich mich mal über Die Champagne, den Champagner, und welche Rolle die Deutschen dort gespielt haben, schlau gemacht...
Übersichtskarte Frankreich mit Champagne
Die Champagne ist das nördlichste Weinanbaugebiet Frankreichs. Das Klima ist eher kühl. Die Jahresdurchschnittstemperatur liegt bei ungefähr 10 Grad Celsius. Die besondere Beschaffenheit des Bodens ist dann ein weiteres Kriterium, warum dieser Wein so einzigartig ist. Kreide, Lehm und Humus. Wobei die Kreide die Sonnenwärme gut speichern kann und sie später an die tief hängenden Trauben wieder abgeben kann. Dieser Boden kann zu dem viel Wasser aufnehmen und speichern. Das hilft den Trauben auch mal eine Regenarme- oder eine trockenere Periode zu überstehen. Von 1927 an war das Anbaugebiet lange Zeit per Gesetz auf rund 34.000 Hektar begrenzt. Das sind gerade einmal 3,5 Prozent aller Weinanbauflächen Frankreichs. Die Champagne ist in fünf Regionen sogenannte Departements aufgeteilt: Marne, Aube, Aisne, Haute-Marne und Seine-et-Marne. Erst im Jahre 2008 kamen aufgrund der immer höheren Nachfrage 40 Gemeinden nach einem strengen Auswahlverfahren hinzu. Bis 2017 werden dann weitere Gebiete hinzu kommen, um den weltweiten Bedarf decken zu können. Ausschlaggebend für die Anbaubegrenzung ist die besondere oben bereits genannte Boden- und damit die einzigartige Weinqualität. Die verschiedenen Lagen sind nochmals in drei Qualitätsstufen eingeteilt. Die besten sind die "grands crus", dann kommen die "premiers crus" und schließlich die "crus periferique". Soviel dazu.
Man könnte meinen, Sekt oder Champagner seien so ziemlich dasselbe: Weißwein oder Rosé, der mit Kohlensäure versetzt ist. Nur dass der Champagner sehr sehr viel teurer ist. "Ist doch ganz normal", sagen die Franzosen. Ungläubiges Kopfschütteln bei den deutschen. Sicher, handgepflückte Trauben, genau vorgeschriebener Abstand zwischen den Rebstöcken, und natürlich die famose "Champagnermethode" , ist das eine. Damit der Wein aber sprudelt, muss er gar zweimal gären. Das erste Mal gärt er in einem geschlossenen Tank oder in einem Fass. Wenn er zur zweiten Gärung nicht in ein Fass kommt, sondern in Flaschen gefüllt wird, dann ist das die berühmte "méthode champenoise". Sie ist unter anderem durch das aufwendige Handrütteln der einzelnen Flaschen arbeitsintensiver und deshalb teurer.
Die Champagne im Detail
Wie ich bereits oben beschrieben habe ist die Champagne vor allem ein streng begrenztes Gebiet, dass von dem berühmten Siegel "AOC" als französisches Kürzel für "kontrollierte Herkunftsbezeichnung", geschützt wird. Aus diesem Grund darf sich auch kein anderer Wein auf der ganzen Welt Champagner nennen. In den Versailler Verträgen von 1919 gibt es sogar einen Artikel, den sogenannte Champagnerparagraphen, in dem die Franzosen den Deutschen verbieten, ihren Sekt "Champagner" zu nennen. Gar nicht dumm, die Franzosen.
"Wie ungerecht", sagen die Deutschen. Denn in der Geschichte des Champagners haben die Deutschen nämlich eine wichtige Rolle gespielt! Und das spiegelt sich in den Etiketten großer französischer Champagnerhäuser wider. Ob nun Heidsieck, Koch, Taittinger, Mumm, Roederer, Bollinger, Deutz, Krug oder Piper.
Bei einigen patriotischen Franzosen verursachen diese edlen Champagnernamen vermutlich auch heute noch juckenden Hautausschlag. Wo unsere geliebten Nachbarn im Westen doch schon zur Genüge darunter leiden müssen, dass der Turmbauer zu Paris Eiffel hieß (ja, ursprünglich sogar Bönickhausen!).
 


Wie kann das sein? Das alles kam so: Zum Ende des 18. und zum Beginn des 19. Jahrhunderts wanderten junge Männer aus dem Rheinland (Deutz, Krug, Mumm) und aus Württemberg (Bollinger), selbst aus Westfalen (Heidsieck) und Preussen (Piper) in die Champagne, nach Reims und Epernay aus, um als Kaufleute und Kellermeister dort Karriere zu machen.
Manche brachten ihr Vermögen mit, manche nur ihr Talent. Vor allem aber brachten alle ihren Geschäftssinn und ihre Fremdsprachenkenntnisse mit. Denn an diesen unerlässlichen Eigenschaften, die man braucht, um den Mächtigen dieser Welt das Luxusgetränk zu verkaufen, mangelte es den Franzosen damals leider. Die sprachgewandten deutschen Kaufleute kamen wie gerufen. Bald arbeitete in praktisch jedem Champagnerhaus ein Deutscher, so dass Robert Tomes, der amerikanische Konsul in Reims, 1867 einst schreibt:
"Es gibt hier tatsächlich kein einziges Champagnerhaus mehr, das nicht mehr oder weniger von einem Deutschen geleitet wird. Und wenn sich zufälligerweise doch ein Franzose an der Spitze befindet, hat er bestimmt einen Deutschen Partner. Ein Haus wurde von einem Franzosen geführt. Während meines Aufenthaltes ging es bankrott und alle waren sich einig, es habe daran gelegen, dass ihm ein Deutscher fehlte."
Florenz-Ludwig Heidsieck gründete als erster 1777 in Reims das Champagnerhaus Heidsieck.
Es folgten die drei Brüder Mumm, Johann-Joseph Krug, Joseph Jacob Bollinger, Johann Carl Philipp Koch, William Deutz, usw. Wenn sie nicht ihre eigene Marke gründeten, heirateten sie oft die jeweiligen Töchter eines bestehenden Champagnerhauses, übernahmen dessen Leitung, französisierten ihren Namen, nahmen die französische Staatsbürgerschaft an und starben als ehrenvolle Franzosen. Aus Johann Karl Philipp Koch wurde kurzerhand Jean Charles Philippe Koch. Heute klingen ihre Namen nach französischer Lebensart und Luxus, und kaum einer erinnert sich noch an ihre deutsche Abstammung.
Kessler damals ...
Nur ein gewisser Georg Christian Kessler beschloss nach langen Jahren im Dienst des berühmten Hauses Veuve-Cliquot, nach Deutschland zurückzukehren. In Esslingen gründete er 1826, dank der in Frankreich erlernten Techniken, die allererste Sektkellerei Deutschlands. Seit nunmehr 180 Jahren stellt dieses Unternehmen in den rund 800 Jahren alten Gewölben aus der Stauferzeit den "moussierenden Wein" (damals noch Sect) her. Zum Teil werden die Flaschen auf traditioneller Weise von Hand gerüttelt. Das Haus hat für seine Weine bei vielen renommierten internationalen Verkostungen Preise gewonnen.
Es lohnt sich also auch mal den kleinen deutschen Bruder(Winzersekt) des Champagners zu probieren.
... und Kessler heute
So oder so. Vielleicht können wir deutschen dann doch ein wenig Stolz sein, wenn man beim nächsten Mal eine Flasche Bollinger oder Krug öffnet... Zum Wohl !

Bis bald Olaf Bildquellen:
Trinklaune.de, freewebs.com, museum der alltagskultur.de, map-france.com

2 Kommentare:

  1. Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.

    AntwortenLöschen
  2. Danke sehr! es ist sehr interessant und unterhaltsam geschrieben.

    AntwortenLöschen